Echte Innovationen im Bauwesen nutzen
In der Anfangszeit wurde BIM hauptsächlich mit 3D-Design in Verbindung gebracht. Es stimmt zwar, dass digitale Visualisierungen und Modelle ein wichtiger Teil der BIM-Prozesse sind, jedoch werden aus dieser Perspektive die umfassenderen Vorteile übersehen. Einer der wichtigsten strategischen Vorteile von BIM besteht darin, dass es Experten im Bauwesen zusammenbringt, oft über Grenzen hinweg, um Innovationen zu fördern.
Die Grundlage für diese Zusammenarbeit sind qualitativ hochwertige Projektinformationen. Eine BIM-Datenumgebung ermöglicht es den Projektbeteiligten aus jeder Phase, von Anfang an über ein digitales Asset zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten. Zusammenstöße mit Auswirkungen über den gesamten Projektlebenszyklus hinweg werden genau vorhergesehen und aufgedeckt, bevor die Arbeiten vor Ort begonnen haben.
BIM bietet die Möglichkeit, qualitativ hochwertige Informationen auf sinnvolle Weise auszutauschen und gleichzeitig verschiedene disziplinäre Fachkenntnisse zu bündeln, um schlussendlich bessere Projektergebnisse zu erzielen. Es hebt die traditionellen Grenzen der Kreativität auf und führt zu einer agilen, nichtlinearen Problemlösung. Aktuelle und historische Daten sind in der Cloud verfügbar und können von allen Projektbeteiligten rund um die Uhr abgefragt und genutzt werden.
Diese verbesserte Zusammenarbeit erfolgt nicht nur über virtuelle Mittel und Konferenzschaltungen. Viele BIM-Benutzer haben gemeinsame physische Räume und Ressourcen eingeführt, in denen sich die Projektteams zusammenfinden können. Die Zusammenführung multidisziplinärer Experten zur Bewältigung auftretender Herausforderungen löst Innovationen aus, verringert Verzögerungen und verbessert den Zusammenhalt und das Vertrauen. Beispielsweise eröffnete die Roads and Transport Authority (RTA) von Dubai 2017 ihr BIM-Zentrum. Die Akteure der Lieferkette treffen sich in dem Zentrum persönlich, um Projektaktualisierungen und -überprüfungen zu koordinieren. Das Zentrum nutzt interaktive 3D-Anlagenmodellierung zur Unterstützung der gemeinschaftlichen Entscheidungsfindung und hat Experten aus dem gesamten Bau- und Betriebslebenszyklus miteinander verbunden. Konstruktionsänderungen oder Änderungen, die früher Wochen in Anspruch nahmen, können jetzt im BIM-Zentrum diskutiert und geregelt werden, was zu einer durchschnittlichen Zeitersparnis von 15 % bei den Projekten beiträgt.
Über die ISO 19650 hinaus hilft ein erweiterter, von Normen geleiteter Ansatz für Geschäftsstrategie und -management großen Bauunternehmen dabei, Strukturen und Grundlagen bewährter Verfahren beizubehalten und sich gleichzeitig flexibel an Innovationen und Veränderungen anzupassen. So bietet beispielsweise ISO 9001, die internationale Norm für Qualitätsmanagement, eine ideale Grundlage, von der aus die BIM Entwicklungsstufe schrittweise erhöht werden kann. Kleinere Mitglieder der Lieferkette, die sich Angebote und Ausschreibungen sichern wollen, können sich durch die Annahme von Normen und Zertifizierungen auf einem wettbewerbsorientierten Markt abheben.
Alle Mitglieder der Lieferkette können sich so organisieren, dass sie den größtmöglichen Nutzen aus der BIM-Zusammenarbeit ziehen, indem sie einer Normungsstrategie Vorrang einräumen, um eine echte Widerstandsfähigkeit aufzubauen. Für Unternehmen, die ihren BIM-Reifegrad erhöhen, ist es oft hilfreich, zu überlegen, wie sich neue Prozesse auf den Rest ihres Betriebs auswirken - insbesondere auf Bereiche, die nicht in Zusammenhang mit BIM stehen.
Die ISO 44001 beispielsweise bietet ein Managementsystem für kooperative Geschäftsbeziehungen und eignet sich für Bauunternehmen aller Größen und Arten, die im öffentlichen oder privaten Bereich tätig sind. Es bereitet Unternehmen darauf vor, Beziehungen optimal zu verwalten, unabhängig davon, ob der Schwerpunkt auf einer einzigen Anwendung zwischen Betriebsabteilungen oder auf komplexeren Beziehungen wie bei Arbeitsgemeinschaften und Joint Ventures liegt. Darüber hinaus ist ISO 55001 eine neue Normenreihe, die als Leitfaden für die beste Praxis im Asset Management geschaffen wurde. Sie helfen Bauunternehmen, ein proaktives Lebenszyklus-Asset-Management-System zu entwickeln und gleichzeitig die Eigentumsrisiken aus Kosten- und Sicherheitsgesichtspunkten zu reduzieren.
Schließlich ist das Verständnis für Zusammenarbeit als das Herzstück anzusehen, was die BIM verändert. Von entscheidender Bedeutung dabei ist ihr Potenzial aus einer globalen Wachstumsperspektive voll auszuschöpfen. Die ISO-Norm 19650 soll die internationale BIM-Einführung und Marktreife fördern und insbesondere kleineren Lieferkettenorganisationen eine klare Chance bieten, neue territoriale Märkte zu erschließen und neue Kooperationsbeziehungen aufzubauen.